Kardinal Ratzinger
Ein Gespräch mit Kardinal Ratzinger
Der folgende Auszug stammt aus einem Interview mit Kardinal Ratzinger, das in der weit verbreiteten italienischen Zeitschrift
30Giorni, No 1, Januar - 1999 (ganzes Interview) veröffentlicht wurde
Die letzte Frage ist vielleicht unangenehm. Sie bezieht sich auf eine prophetische Gestalt der Gegenwart, nämlich die griechisch- orthodoxe Vassula Rydén. Sie wird von vielen Gläubigen, auch von vielen Theologen, Priestern und Bischöfen der katholischen Kirche, als Botin Christi angesehen. Ihre Botschaften, die seit 1991 in 34 Sprachen übersetzt wurden, sind weit verbreitet. Die Glaubenskongregation hat sich ihr gegenüber jedoch negativ geäußert. Die "Notifikation" von 1995, die neben positiven Aspekten in ihren Schriften auch von Unklarheiten spricht, ist von einigen Kommentatoren so ausgelegt worden, als handle es sich um eine Verurteilung. Ist das wahr?
RATZINGER: Da rühren Sie ein schwieriges Thema an. Nein, die "Notifikation" ist ein Warnschild, keine Verurteilung. Eine Person könnte man ohne Prozeß und Anhören gar nicht verurteilen, rein prozedural betrachtet. Es wird gesagt: Vieles ist ungeklärt. Es sind fragwürdige apokalyptische Elemente enthalten und ungeklärte ekklesiologische Aspekte. Es ist viel Gutes dabei, aber Spreu und Weizen sind vermengt. Deshalb haben wir die katholischen Christen ermahnt, das Ganze mit Vorsicht zu betrachten und es am Maß des beständigen Glaubens der Kirche zu messen.
Es ist also doch noch ein Klärungsprozeß im Gang?
RATZINGER: Ja, und während dieses Klärungsprozesses sollten die Gläubigen vorsichtig bleiben und den Geist der Unterscheidung wachhalten. Zweifellos ist eine Entwicklung in den Schriften festzustellen, die noch nicht abgeschlossen zu sein scheint. Man darf auch nicht vergessen, daß die Wortwerdung und Bildwerdung der inneren Berührung mit Gott, auch im Fall echter Mystik, immer auf die Möglichkeiten der menschlichen Seele angewiesen ist und so auch durch deren Begrenzungen mitgeformt wird. Unbedingtes Vertrauen setzen wir dabei nur auf das eigentliche Offenbarungswort, das uns im Glauben der Kirche begegnet.
Fr. James Fannan, PIME
liefert folgenden Kommentar zur Notifikation des Kardinals:
Kardinal Ratzinger hat in diesem Artikel seinen Standpunkt noch einmal sehr klar gemacht. Im Interview gibt der Kardinal eindeutig an, dass die Notifikation keine "Verdammung" war. Er nennt es ein "Warnschild". Er fügt hinzu, dass Vassula nie eine Chance, ihre Ansichten auszusprechen, gegeben worden war. Es ist auch bemerkenswert, dass wieder, wie in all seinen vorherigen öffentlichen Erklärungen, es der Kardinal vermeidet, 'Das wahre Leben in Gott' mit dem Etikett "Fehler" zu beschreiben. Er sagt lieber " Es sind fragwürdige apokalyptische Elemente enthalten und ungeklärte ekklesiologische Aspekte". Etwas, das "fragwürdig" ist, ist nicht das Gleiche wie ein "Fehler" in der Sprache des Vatikans. Es ist ein klares Eingeständnis, dass es feste Argumente zur Unterstützung der Lehren des 'Wahren Lebens in Gott' gibt. Das ist, warum der Kardinal gerade die Leute auffordert, "vorsichtig" zu sein (nicht misstrauisch!) und 'Das wahre Leben in Gott' durch den "beständigen Glauben der Kirche" zu messen. Dies ist genau das, was jene, die die Schriften kennen, jedes Mal tun, wenn sie sie lesen, .
Frühere Stellungnahmen von Kardinal Ratzinger
Über die Stellungnahme der Glaubenskongregation bezüglich Vassula wurde viel berichtet. Jedoch sprach sich Kardinal Ratzinger,Präfekt der Glaubenskongregation, nach der Veröffentlichung folgendermaßen aus:
«Machen Sie weiter wie bisher»
Der nun folgende Bericht wurde von den Mitgliedern einer Gebetsgruppe in Guadalajara (Mexiko) geschrieben. Diese Gruppe spürt seit 1992 die Kraft der Botschaften des «Wahren Lebens in Gott» und setzt sich seitdem für die Verbreitung der Botschaften ein, indem sie sie übersetzen, drucken lassen und überall in Mexiko verteilen. Diese Gruppe, die auch 3 Besuche Vassulas in Mexiko organisiert hat, hat von Priestern, Bischöfen u. Kardinälen Erlaubnis erhalten, daß Vassula in Kirchen sprechen durfte. Als sich Kardinal Ratzinger (Präfekt der Glaubenskongregation) in Guadalajara aufhielt, fragten ihn die Mitglieder der Gebetsgruppe, da sie durch die amtliche Mitteilung vom 6. Oktober 1995 verunsichert waren, was sie tun sollen. Hier nun das Wesentliche aus dem schriftlich gestellten, aber persönlich überreichten Ersuchen an Kardinal Ratzinger und die persönliche Antwort des Kardinals:
An Seine Eminenz Joseph Kardinal Ratzinger: .....Wir sind 14 Mitglieder einer Gebetsgruppe und sind alle in unseren Pfarreien aktiv und möchten bezeugen, daß uns die Botschaften des «Wahren Lebens in Gott» geholfen haben. Wir versprechen dem Papst Gehorsam und lieben ihn und sind vereint mit Jesus und Maria. Dank Jesus, der in der Eucharistie und in seinen Worten gegenwärtig ist, leben wir und beachten wir seine Gebote und beten auch den hl. Rosenkranz. Wir haben bei der Verbreitung der Botschaften des «Wahren Lebens in Gott» ganz verschiedene und mächtige Bekehrungen erlebt. Darunter befanden sich Freimaurer, Zeugen Jehovas, Protestanten und andere. Viele Leser von "Das wahre Leben in Gott" haben einen echten Durst nach Jesus in Gemeinschaft mit dem Papst und der Kirche erhalten. Da wir uns durch die herausgabe der Notifikation vom 6. Oktober 1995 im Osservatore Romano in Verwirrung gebracht sehen, fragen wir Sie, welche Haltung wir einnehmen sollen? Was empfehlen Sie uns? Wir beten inständig zu Jesus und Maria, uns zu erleuchten, um den Willen Gottes zu erfüllen und unterwerfen uns gehorsam der Kirche. In Erwartung Ihrer Antwort, grüßen wir Sie herzlichst. Unterschrift: Liz. Javier Pelayo Jones, Frau Maria del Carmen de la Terre de Pelayo, 9. Mai 1996
Wir haben durch die Nachrichten vor Ort erfahren, daß Kardinal Ratzinger, Präfekt der Glaubenskongregation in unsere Heimat Guadalajara (Mexiko) kommt, um eine Versammlung der CELAM (Bischofskonferenz von Lateinamerika) zu leiten.. Wir betrachteten es als Fügung Gottes, ihm unsere Haltung bezeugen zu können, was die Botschaften des «Wahren Lebens in Gott» anbelangt und ihn zugleich fragen zu können, was für eine Haltung wir angesichts der Mitteilung im «Osservatore Romano» vom 4. bzw. vom 23.- 24.Oktober 1995 einzunehmen haben. Gestern, Donnerstag, den 9. Mai, um 11.30
gingen wir, Liz. Javier Pelayo Jones, Frau Carmen de la Torre de Pelayo und Patricia Salamin de Rivera (Schweizerin, mehrsprachige Übersetzerin), zumExerzitienhaus in Guadalajara, wo die Versammlung stattfand.
Wir ließen Kardinal Ratzinger im Konferenzsaal, durch einen Boten, einen Brief und drei, in Guadalajara gedruckte, Bücher überreichen.
Auszüge: «Gebete aus dem `Wahren Leben in Gott´», «Das Heilige Herz Jesu in den Schriften Vassulas», «Theologen verteidigen Vassula
Ryden». Zu unserer Überraschung kam der Bote zurück und sagte uns, er habe die Bücher dem Kardinal gegeben und er ließ uns mitteilen: «Ich werde die Bücher zur Kenntnis nehmen und Sie dann wieder anrufen.»
Am selben Tag um 13.30 Uhr erhielten wir zu unserer Überraschung einen Anruf des Kardinals, der uns noch für denselben Nachmittag um 15.45 Uhr zu sich bestellte. Wir waren pünkltich zur Stelle, wurden jedoch informiert, dass er zu seinem Bedauern aus Gründen höherer Gewalt verhindert sei, uns in dem Augenblick zu empfangen, dass wir aber seinen erneuten Anruf abwarten sollten. Dieser traf am frühen Morgen des nächsten Tages, am Freitag, dem 10. Mai, ein. Er bestellte uns für 10.15 Uhr zu einem Treffen. Wir begaben uns in Begleitung von Pater Tiberio Mounari dorthin.
Kardinal Ratzinger empfing uns um 10.30 Uhr während einer Konferenzpause mit grosser Herzlichkeit, entschuldigte sich, dass er nur wenig Zeit zur Verfügung habe und schlug zugleich vor, Gespräch der Einfachheit halber in italienisch zu führen.
Er sagte uns folgendes:
Aufgrund dessen, was Sie uns in Ihrem Brief über Zeugnisse und Bekehrungen mitteilen, die ja etwas wirklich Gutes sind, wünschen wir, dass Sie mit der Gabe der Unterscheidung vorgehen; dass man nicht für Gottes Wort nimmt, was im Augenblick (von uns) als etwas nur Menschliches und Persönliches erachtet wird. Das von uns Gesagte bedeutet, dass sie nicht in Kirchengebäude Zeugnis ablegen soll, da sie orthodox ist und da ihre Ehesituation als die einer Geschiedenen nicht geklärt ist. Es gibt auch in ihren Schriften Punkte zu klären, die von uns noch geprüft werden... (für weitere Informationen bitte hier anklicken).
Sie können jedoch fortfahren, ihre Schriften zu verbreiten, aber immer mit Unterscheidung."
Der Kardinal schloss mit einem Pauluszitat: "Löscht den Geist nicht aus, Prophetenwort verachtet nicht; prüft alles, das Gute behaltet." (1 Thess5, 19-21). Er verabschiedete sich freundlich und entschuldigte sich nochmals wegen der wenigen ihm zur Verfügung stehenden Zeit."
Liz. Javier Pelayo Jones, Carmen de la Torre de Pelayo, Patricia Salamin de Rivera Guadalajara, Mexiko, 10 Mai 1996
Kardinal Ratzinger bestätigt seine Stellungnahme zu Vassula Rydens Schriften Das Wahre
Leben in Gott
Das portugiesische religiöse Magazin [Annunciai a Boa Nova, 140 (November 1997) Seiten 565-567.] hat den folgenden Artikel veröffentlicht:
Bei einem Gebetstreffen am 10. Oktober 1997, das in Brasilia, der Hauptstadt
Brasiliens, für Vassula organisiert wurde, stellte der Weihbischof vom Ort die Frage, welche Stellung die Kirche in Bezug auf ihre Schriften
einnehme. Seine Exzellenz, Bischof João Terra, sprach zu Tausenden Leuten in der Versammlung. In der Einleitung seiner Ansprache sagte er: "Als Weihbischof möchte ich ein Wort des Dankes für die Freude sagen, die wir über Vassulas Anwesenheit hier in Brasilia empfinden. Dies ist gewiß eine außergewöhnliche Gnade."
Der Weihbischof fuhr weiter fort und sprach über die Stellung der Kirche diesbezüglich:
Dieses Jahr besuchten die Ortsbischöfe den Heiligen Vater. Bei diesem Anlaß fragte ich nach Vassula. Kardinal Ratzinger sagte zu einem von uns : "Ich habe bisher stapelweise Briefe von Kardinälen erhalten." Dann fragte ihn Bischof Viktor Tielbeek aus der Diözese Formosa (Brasilien) : "Aber Kardinal, soll ich aufhören, (sie zu unterstützen)? "Daraufhin antwortete Kardinal Ratzinger: "Machen Sie weiter, wie Sie es bisher getan haben , jedoch mit Besonnenheit."
In einer Fußnote kommentiert das Magazin : « Diese Antwort Kardinal Ratzingers steht völlig im Einklang mit der Haltung, die er am 10.Mai 1996, in Guadalajara (Mexiko) empfahl, nämlich, ‘Sie dürfen weiterhin ihre Schriften fördern, aber mit Besonnenheit....’» (Siehe die Einzelheiten oben)
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